Die Täuschung über die wahren Folgen von Steuersenkungen

Seit über 30 Jahren werden in Deutschland die Steuern für Besitzer großer Kapitalvermögen und Spitzenverdiener gesenkt. Insbesondere die FDP behauptet, eine solche "Entlastung der Leistungsträger" würde zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, dauerhaft höheren Steuereinnahmen (bei gleichzeitig niedrigeren Steuersätzen) und zur Entstehung neuer Arbeitsplätze führen. Tatsache ist jedoch, dass durch die ständigen Steuersenkungen Massenarbeitslosigkeit, Billigjobs und Staatsverschuldung stark angestiegen sind. Während Vermögende einen immer geringeren Beitrag zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben wie z.B. Bildung, Verkehrsinfrastruktur oder soziale Sicherheit leisten, verfallen öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Universitäten, Schwimmbäder oder Straßen. Zunehmend ist der Staat gezwungen, das fehlende Geld durch Ausgabenkürzungen einzusparen oder am Kapitalmarkt mittels Staatsanleihen als Schulden aufzunehmen. Die Ausgabenkürzungen erfolgen in erster Linie bei den Sozialausgaben und in der Sozialversicherung. Das Geld, welches der Staat den Vermögenden durch Steuersenkungen schenkt, sammelt er also anschließend bei den Beschäftigten und den Bedürftigen wieder ein. Ein Beispiel für eine solche Umverteilungspolitik von Unten nach Oben waren die Unternehmensteuerreform 2000 und die Hartz-Gesetze, die beide Teil der Agenda 2010 waren. Zunächst erfolgten im Rahmen der Unternehmensteuerreform Milliardengeschenke an die großen Unternehmen. Von den erhofften Wachstumseffekten konnten die öffentlichen Haushalte jedoch nicht profitieren. Im Gegenteil: Die Politik sah sich sich jahrelang mit entsprechenden Steuerausfällen konfrontiert. Insbesondere die Städte und Gemeinden verfügen seitdem über einen ständig sinkenden finanziellen Spielraum. Zehn Jahre nach der Unternehmenssteuerreform 2000, für die mit dem Versprechen höherer Steuereinnahmen bei gleichzeitig niedrigeren Steuern geworben wurde, muss man konstatieren, dass das Ergebnis völlig anders aussieht: Flapsig formuliert könnte man sagen, „Die Kommunen sind chronisch pleite“. 2010 verzeichneten die Städte und Gemeinden trotz gleichzeitigen Wirtschaftsaufschwungs ein neues Rekorddefizit von knapp 10 Milliarden Euro. Der weitere Abbau kommunaler Infrastruktur ist die Folge. Um das aufgrund der Unternehmen�­steuerreform 2000 fehlende Geld einzusparen, wurden bereits im Rahmen der Hartz-Gesetze Sozialleistungen gekürzt. Die Steuermehreinnahmen, die immer wieder bejubelt werden, sind nicht das Ergebnis der Steuersenkungen für gut Verdienende und Unternehmen. Sie sind vor allem das Ergebnis einer Erhöhung der Steuer, die von allen Steuern die unsozialste ist, die Mehrwertsteuer. 2007 beschloss die große Koalition zum Ausgleich der Steuerausfälle eine Erhöhung dieser Steuer, die vor allem Normalverdiener und die Bezieher kleiner Einkommen verhältnismäßig stark belastet.

Die sogenannten Eliten profitieren von einer solchen Politik gleich zweifach: Zum einen, weil sie weniger Steuern bezahlen müssen, zum anderen, weil der Staat durch die Steuersenkungen fehlendes Geld, was er nicht einsparen oder die Erhöhung von Mehrwertsteuer und anderen Abgaben ausgleichen kann, bei diesen Kapitalbesitzern leihen und hierfür Zinsen bezahlen muss. Darüber hinaus investieren Spitzenverdiener das Geld, welches ihnen durch die Steuersenkungen geschenkt wurde, nicht nur in Staatsanleihen, sondern z.B. in überflüssige Bürokomplexe oder spekulieren damit zum Schaden der Normalbürger an den Börsen. Bei diesen Spekulationen handelt es sich oftmals um Wettgeschäfte die in den vergangenen Jahren durch die Zulassung besonderer Wertapiere an den Börsen ermöglicht wurden. So ist die weltweite Finanz- und Bankenkrise 2008 – 2010, mit deren Folgen die Finanz- und Sozialpolitik vieler Staaten bis heute zu kämpfen hat, eine Folge der ausufernden Spekulationen auf dem Weltfinanzmarkt. Spekulationen, die durch Gesetzesänderungen und Steuersenkungen für Vermögende durch den Staat selbst erst ermöglicht und gefördert wurden.